• BGH-Urteil zur Kündigungssperrfrist bei Umwandlung

    BGH-Urteil zur Kün­di­gungs­sperr­frist bei Umwand­lung in Eigen­tums­woh­nun­gen: Kön­nen Ver­mie­ter eine Woh­nung nach Umwand­lung in Eigen­tum sofort wegen Eigen­be­darfs kün­di­gen? Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) hat die­se Fra­ge ent­schie­den und die Rech­te von Mie­tern gestärkt. Das Urteil zeigt, wie kom­plex die Regeln zur Kün­di­gungs­sperr­frist sind und wel­che Fol­gen sie für Ver­mie­ter, Mie­ter und Inves­to­ren haben.

    Was ist passiert?

    Die Beklag­ten waren seit 2004 Mie­ter einer Woh­nung in Mün­chen. 2012 erwarb eine GmbH & Co. KG das gesam­te Mehr­par­tei­en­haus. 2013 wur­de das Gebäu­de in Woh­nungs­ei­gen­tum auf­ge­teilt. 2016 ver­kauf­te die Gesell­schaft die Woh­nung der Beklag­ten an die Klä­ger. 2017 wur­den die Klä­ger als Eigen­tü­mer ins Grund­buch eingetragen.

    Im Jahr 2022 kün­dig­ten die Klä­ger das Miet­ver­hält­nis wegen Eigen­be­darfs. Sie berie­fen sich dar­auf, dass die Kün­di­gungs­sperr­frist längst abge­lau­fen sei. Die Beklag­ten wider­spra­chen und ver­wie­sen auf § 577a BGB, wonach Kün­di­gun­gen nach Umwand­lun­gen nur nach Ablauf einer Sperr­frist mög­lich sind.

    Hintergründe zu Kündigungssperrfrist bei Umwandlung

    Das Miet­recht sieht bei Umwand­lun­gen beson­de­ren Schutz für Mie­ter vor. Nach § 577a Abs. 1 BGB beginnt eine Sperr­frist, sobald eine Miet­woh­nung in Eigen­tum umge­wan­delt und anschlie­ßend ver­kauft wird. Wäh­rend die­ser Frist kön­nen Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen nicht aus­ge­spro­chen werden.

    Die Sperr­frist beträgt grund­sätz­lich drei Jah­re. Lan­des­re­gie­run­gen kön­nen sie in ange­spann­ten Woh­nungs­märk­ten auf bis zu zehn Jah­re ver­län­gern. Bay­ern hat von die­ser Mög­lich­keit Gebrauch gemacht. Für Mün­chen gilt daher eine zehn­jäh­ri­ge Sperrfrist.

    Die Klä­ger mein­ten jedoch, dass die Sperr­frist bereits mit dem Erwerb des Hau­ses durch die GmbH & Co. KG 2012 ange­lau­fen sei. Des­halb sei sie im Jahr 2022 abge­lau­fen gewesen.

    Worüber wurde gestritten?

    Der zen­tra­le Streit­punkt war die Fra­ge: Wann beginnt die Kündigungssperrfrist?

    • Posi­ti­on der Klä­ger (Eigen­tü­mer): Die Frist habe schon mit dem Kauf des Hau­ses durch die GmbH & Co. KG 2012 begon­nen. Des­halb sei die Kün­di­gung 2022 zulässig.
    • Posi­ti­on der Beklag­ten (Mie­ter): Maß­geb­lich sei nicht der Kauf durch die Gesell­schaft, son­dern der Ver­kauf der umge­wan­del­ten Woh­nung 2017. Damit sei die zehn­jäh­ri­ge Sperr­frist 2022 noch nicht abgelaufen.

    Das Land­ge­richt Mün­chen gab den Mie­tern recht. Die Eigen­tü­mer leg­ten Revi­si­on ein.

    Urteil des BGH

    Der BGH wies die Revi­si­on der Klä­ger zurück. Die Kün­di­gung war unwirksam.

    • Die Kün­di­gungs­sperr­frist begann erst mit der Ver­äu­ße­rung der Woh­nung an die Klä­ger im Jahr 2017.
    • Bei Zugang der Kün­di­gung 2022 war die zehn­jäh­ri­ge Sperr­frist daher noch nicht abgelaufen.
    • Eine Eigen­be­darfs­kün­di­gung ist in die­sem Zeit­raum ausgeschlossen.

    Das Miet­ver­hält­nis blieb bestehen, der BGH die Kün­di­gungs­sperr­frist bei Umwand­lung war nicht abge­lau­fen, die Beklag­ten durf­ten in der Woh­nung bleiben.

    Begründung des Urteils

    Der Senat begrün­de­te sei­ne Ent­schei­dung ausführlich:

    1. Klar­stel­lung zum Anwen­dungs­be­reich von § 577a BGB
      Die Sperr­frist greift nur bei Ver­äu­ße­rung von Woh­nun­gen nach Umwand­lung in Eigen­tum. Der blo­ße Erwerb eines gesam­ten Miets­hau­ses durch eine GmbH & Co. KG löst die Frist nicht aus.
    2. Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten im Sin­ne von § 577a Abs. 1a BGB
      Der Gesetz­ge­ber woll­te mit die­ser Rege­lung vor allem Gesell­schaf­ten bür­ger­li­chen Rechts (GbR) erfas­sen. Die­se kön­nen selbst Eigen­be­darf ihrer Gesell­schaf­ter gel­tend machen. Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten wie die GmbH & Co. KG hin­ge­gen kön­nen das nicht.
    3. Schutz­ge­dan­ke für Mieter
      Ziel der Vor­schrift ist es, Mie­ter vor Ver­drän­gung durch Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen zu schüt­zen. Die­ser Schutz greift erst, wenn Woh­nungs­ei­gen­tum gebil­det und ver­kauft wird.
    4. Kon­se­quenz für die Praxis
      Ent­schei­dend für den Frist­be­ginn ist die erst­ma­li­ge Ver­äu­ße­rung der in Eigen­tum umge­wan­del­ten Woh­nung – hier also der Ver­kauf an die Klä­ger 2017.

    Bedeutung für die Zukunft

    Das Urteil hat erheb­li­che Auswirkungen:

    • Für Mie­ter: Das Urteil stärkt den Kün­di­gungs­schutz. Auch bei Ver­käu­fen an Gesell­schaf­ten müs­sen sie sich nicht vor­schnell auf Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen einstellen.
    • Für Ver­mie­ter: Eigen­tü­mer müs­sen streng prü­fen, wann die Sperr­frist tat­säch­lich beginnt. Eigen­be­darfs­kün­di­gun­gen sind erst nach Ablauf mög­lich. Wer zu früh kün­digt, ver­liert den Pro­zess und trägt die Kosten.
    • Für Inves­to­ren: Der Erwerb über Gesell­schafts­struk­tu­ren wie GmbH & Co. KG ver­kürzt die Sperr­frist nicht. Die recht­li­chen Risi­ken bei Umwand­lun­gen blei­ben hoch.
    • Für Haus­ver­wal­ter und Juris­ten: Das Urteil bie­tet Rechts­si­cher­heit. Die Abgren­zung zwi­schen GbR und GmbH & Co. KG ist nun höchst­rich­ter­lich geklärt.

    Beson­ders wich­tig: Die Ent­schei­dung ver­deut­licht, dass der Gesetz­ge­ber den Mie­ter­schutz sehr ernst nimmt. Inves­to­ren kön­nen Umge­hungs­mo­del­le nicht nut­zen, um Sperr­fris­ten abzu­kür­zen. Das BGH-Urteil zu Kün­di­gungs­sperr­frist bei Umwand­lung stellt klar: Der Beginn der Sperr­frist hängt nicht vom Erwerb durch eine GmbH & Co. KG ab, son­dern von der erst­ma­li­gen Ver­äu­ße­rung der umge­wan­del­ten Woh­nung. Für Mie­ter bedeu­tet dies mehr Sicher­heit, für Ver­mie­ter und Inves­to­ren dage­gen län­ge­re War­te­zei­ten bis zu einer mög­li­chen Eigenbedarfskündigung.

    (BGH-Urteil v. 6.8.2025 Az. VIII ZR 161/24)