• BGH-Urteil: Bauträgerin baut nicht als Wohnungseigentümer

    Der BGH hat­te jüngst einen span­nen­den Fall zu ent­schei­den, wenn die Bau­trä­ge­rin bei der Errich­tung von Wohn­an­la­gen vom ursprüng­li­chen Bau­plan abwei­chen, ist ihre recht­li­che Stel­lung wie die ande­rer Woh­nungs­ei­gen­tü­mer und gibt es Besei­ti­gungs­an­sprü­che bei Abwei­chun­gen? Der Bun­des­ge­richts­hof hat sich in einem aktu­el­len Urteil zu die­ser The­ma­tik posi­tio­niert – mit weit­rei­chen­den Fol­gen für Erwer­ber, Ver­wal­ter und Bau­trä­ger gleichermaßen.

    Was ist passiert?

    In dem vom BGH ent­schie­de­nen Fall ver­lang­ten Käu­fer von Woh­nungs­ei­gen­tum die Besei­ti­gung einer Lüf­tungs­an­la­ge, eines Kühl­ag­gre­gats, eines Ven­ti­la­tors und eines Flüs­sig­gas­tanks. Die­se hat­te die beklag­te Bau­trä­ge­rin in den Gemein­schafts­flä­chen instal­liert, ohne dass sie in der Tei­lungs­er­klä­rung oder der Bau­be­schrei­bung vor­ge­se­hen waren. Die Klä­ger stütz­ten sich auf woh­nungs­ei­gen­tums­recht­li­che Besei­ti­gungs­an­sprü­che. Der Fall ging durch meh­re­re Instan­zen bis zum Bundesgerichtshof.

    Hintergründe – Bauträgerin weicht von Plänen ab

    Die Klä­ger hat­ten ihre Ein­hei­ten vom Bau­trä­ger erwor­ben. Zum Zeit­punkt der Ein­bau­ten waren für die Ein­hei­ten bereits Auf­las­sungs­vor­mer­kun­gen ein­ge­tra­gen, teils war auch schon Besitz an den Woh­nun­gen über­ge­ben. Damit gal­ten sie als soge­nann­te „wer­den­de Woh­nungs­ei­gen­tü­mer“. Zwi­schen­zeit­lich war eine Gemein­schaft der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer (GdWE) ent­stan­den, zu der auch der Bau­trä­ger gehör­te, da er noch Teil­ei­gen­tum hielt.

    Die bau­li­chen Anla­gen waren weder in der Tei­lungs­er­klä­rung noch im Auf­tei­lungs­plan oder in der Bau­be­schrei­bung vor­ge­se­hen. Trotz­dem wur­den sie instal­liert – aus Sicht der Klä­ger ohne Zustim­mung und damit rechtswidrig.

    Worüber wurde gestritten?

    Zen­tra­ler Streit­punkt war, ob den Erwer­bern woh­nungs­ei­gen­tums­recht­li­che Ansprü­che aus § 1004 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 WEG a.F. zuste­hen. Die Klä­ger mach­ten gel­tend, dass sie durch die bau­li­chen Abwei­chun­gen ohne Zustim­mung unzu­läs­sig beein­träch­tigt wor­den seien.

    Die Beklag­te hin­ge­gen argu­men­tier­te, sie habe im Rah­men ihrer Bau­tä­tig­keit gehan­delt – nicht als Woh­nungs­ei­gen­tü­me­rin – und schul­de daher kei­nen Rück­bau. Es ging also um die Abgren­zung zwi­schen ver­trag­li­chen Män­gel­rech­ten und woh­nungs­ei­gen­tums­recht­li­chen Beseitigungsansprüchen.

    Das Urteil – Keine unzulässige bauliche Veränderung

    Der Bun­des­ge­richts­hof hob die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz auf und ent­schied zuguns­ten der Bau­trä­ge­rin. Die Klä­ger haben kei­ne Besei­ti­gungs­an­sprü­che aus § 1004 BGB i.V.m. § 22 Abs. 1 WEG a.F.

    Zwar erkann­te der BGH an, dass wer­den­de Woh­nungs­ei­gen­tü­mer unter bestimm­ten Bedin­gun­gen (z. B. Auf­las­sungs­vor­mer­kung + Besitz) im Innen­ver­hält­nis so zu behan­deln sind, als sei­en sie bereits voll­wer­ti­ge Eigen­tü­mer. Den­noch dif­fe­ren­zier­te er klar: Die erst­ma­li­ge Errich­tung der Anla­ge durch den Bau­trä­ger – auch wenn sie nicht exakt plan­ge­mäß erfolg­te – ist kei­ne bau­li­che Ver­än­de­rung im Sin­ne des WEG.

    Begründung des Urteils – Bauträger ist kein Wohnungseigentümer

    Der BGH stell­te klar: Bei Errich­tung der Wohn­an­la­ge han­delt die Bau­trä­ge­rin nicht als Woh­nungs­ei­gen­tü­mer, son­dern zur Erfül­lung sei­ner ver­trag­li­chen Pflich­ten. Selbst wenn die Bau­aus­füh­rung von den Plan­un­ter­la­gen abweicht, führt das nicht zu einem woh­nungs­ei­gen­tums­recht­li­chen Beseitigungsanspruch.

    Ent­schei­dend sei, dass eine man­gel­haf­te Errich­tung nicht mit einer „bau­li­chen Ver­än­de­rung“ gleich­zu­set­zen sei. Es hand­le sich viel­mehr um eine mög­li­che Ver­trags­ver­let­zung – also einen werk­ver­trag­li­chen Man­gel, der nur im Rah­men des Schuld­rechts zu klä­ren sei.

    Die Rich­ter beton­ten außer­dem, dass ein Bau­trä­ger nicht ver­pflich­tet sei, wäh­rend der Bau­pha­se Zustim­mun­gen von wer­den­den Woh­nungs­ei­gen­tü­mern ein­zu­ho­len – auch wenn die­se schon eine recht­lich ver­fes­tig­te Erwerbs­po­si­ti­on haben.

    Bedeutung für die Zukunft

    Das Urteil bringt Klar­heit: Kei­ne Besei­ti­gungs­an­sprü­che bei Bau­trä­ger­ab­wei­chun­gen, wenn die­se in der Errich­tungs­pha­se erfol­gen. Damit stärkt der BGH die recht­li­che Tren­nung zwi­schen Bau­tä­tig­keit und woh­nungs­ei­gen­tums­recht­li­cher Verantwortlichkeit.

    Für Erwer­ber bedeu­tet das: Abwei­chun­gen vom Bau­plan sind über das Werk­ver­trags­recht zu klä­ren – etwa durch Män­gel­rü­gen, Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen oder Scha­dens­er­satz­for­de­run­gen. Der Weg über das WEG und § 1004 BGB ist grund­sätz­lich ver­sperrt, wenn der Bau­trä­ger im Rah­men sei­ner ver­trag­li­chen Ver­pflich­tun­gen agiert.

    Ver­wal­ter und Juris­ten müs­sen künf­tig noch genau­er differenzieren:

    • Wann endet die Errichtungsphase?
    • Han­delt der Bau­trä­ger noch werk­ver­trag­lich oder bereits als Miteigentümer?
    • Bestehen par­al­lel ver­trag­li­che oder öffent­lich-recht­li­che Ansprüche?

    Auch für Bau­trä­ger ist das Urteil bedeut­sam: Wer bau­li­che Maß­nah­men im Bereich des Gemein­schafts­ei­gen­tums nach Abnah­me vor­nimmt – etwa zur Umnut­zung oder Auf­wer­tung – muss sich an die Rege­lun­gen des WEG hal­ten. Dann kön­nen auch bau­li­che Ver­än­de­run­gen im eigent­li­chen Sinn vor­lie­gen, die eine Beschluss­fas­sung erfordern.

    (BGH-Urteil v. 16.5.2025 Az. V ZR 270/23)