Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht – dieser Begriff klingt zunächst technisch, doch das neue Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Juli 2025 (Az. V ZR 77/24) betrifft ganz konkrete Konflikte in Eigentümergemeinschaften. Was passiert, wenn eine Gemeinschaft beschließt, einen einzelnen Eigentümer wegen angeblich schädigenden Verhaltens abzumahnen? Welche Rechte hat der Betroffene – und welche Befugnisse die Gemeinschaft? Der BGH hat nun wichtige Leitlinien gesetzt, die sowohl für Eigentümer als auch für Verwalter weitreichende Folgen haben.
Abmahnungsbeschluss, Was ist passiert?
Im zugrundeliegenden Fall war eine Wohnungseigentümerin ins Visier der Gemeinschaft geraten. Die Eigentümerversammlung fasste im Januar 2023 den Beschluss, die Eigentümerin durch den Verwalter abmahnen zu lassen. Begründung: Sie habe eine Dienstleisterin der Gemeinschaft unterstützt, die kurz vor der Kündigung stand, und zudem mehrfach Einsicht in Verwaltungskonten genommen – obwohl sie nicht mehr im Verwaltungsbeirat war.
Hintergründe im Wohnungseigentumsrecht
Im Wohnungseigentumsrecht spielt die Abmahnung eine besondere Rolle. Nach § 17 Abs. 2 WEG ist sie Voraussetzung für die Entziehung des Wohnungseigentums. Nur wenn ein Eigentümer wegen schweren Pflichtverletzungen abgemahnt wurde und sein Verhalten fortsetzt, kann die Gemeinschaft die Entziehung betreiben.
Der Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht ist daher mehr als nur ein Hinweis – er kann den Weg zu einer drastischen Sanktion bereiten. Umso wichtiger ist die Frage: Können solche Beschlüsse von den Betroffenen gerichtlich überprüft werden?
Worüber wurde gestritten?
Die Eigentümerin wollte den Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht für ungültig erklären lassen. Ihre Argumentation:
- Der Beschluss sei rechtswidrig und verletze ihre Rechte.
- Die Abmahnung sei inhaltlich unbegründet.
- Es fehle an der notwendigen Bestimmtheit, die für eine wirksame Abmahnung im Sinne von § 17 WEG erforderlich sei.
Das Amtsgericht Köln wies ihre Klage als unzulässig ab. Auch das Landgericht Köln sah keine Möglichkeit, den Beschluss erfolgreich anzufechten. Erst vor dem BGH kam es zu einer Klärung.
Das Urteil
Der BGH entschied am 4. Juli 2025:
- Ein Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht ist grundsätzlich anfechtbar.
- Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss den Verwalter lediglich beauftragt, die Abmahnung auszusprechen.
- Das Rechtsschutzinteresse entfällt nicht dadurch, dass die Abmahnung schon ausgesprochen wurde.
Allerdings stellte der Senat auch klar: Der konkrete Beschluss genügte nicht den strengen Anforderungen einer Abmahnung nach § 17 WEG. Denn es fehlte der ausdrückliche Hinweis, dass bei Fortsetzung des Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums drohe
Begründung des Urteils
Der BGH führte aus:
- Anfechtbarkeit gesichert:
Auch ein Beschluss, der „nur“ den Verwalter mit der Abmahnung beauftragt, ist wie ein Abmahnungsbeschluss zu behandeln. Die Betroffenen müssen die Möglichkeit haben, die Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. - Unwirksame Abmahnung als Vorstufe zur Entziehung:
Weil der Beschluss nicht ausdrücklich auf die mögliche Entziehung hinweist, fehlt ihm die Warnfunktion einer wirksamen Abmahnung nach § 17 WEG. - Aufforderungscharakter:
Dennoch bleibt der Beschluss gültig – als Aufforderung, bestimmtes Verhalten künftig zu unterlassen. In diesem Fall wird nur geprüft, ob formelle Beschlussmängel vorliegen. Ob tatsächlich ein Unterlassungsanspruch besteht, wäre erst in einem separaten Verfahren zu klären.
Bedeutung für die Zukunft
Das Urteil hat weitreichende Folgen:
- Für Eigentümer: Sie können künftig jeden Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht anfechten. Das stärkt ihre Rechtssicherheit.
- Für Verwalter: Beschlüsse über Abmahnungen sind sorgfältig zu formulieren. Fehlt der Hinweis auf die mögliche Entziehung, droht die Abmahnung wirkungslos zu sein.
- Für Gemeinschaften: Ein Aufforderungsbeschluss bleibt möglich und wirksam. Doch er ersetzt keine wirksame Abmahnung im Sinne des § 17 WEG. Wer tatsächlich die Entziehung anstrebt, muss dies in der Beschlussformulierung unmissverständlich klarstellen.
- Für die Praxis: Eigentümerversammlungen sollten eindeutige und rechtlich saubere Beschlüsse fassen. Schon kleine Unschärfen können den Unterschied machen zwischen einer wirksamen Abmahnung und einer bloßen Aufforderung.
Damit stellt der BGH klar: Der Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht ist kein unverbindliches Druckmittel, sondern ein rechtlich relevanter Schritt – allerdings nur dann, wenn er die Voraussetzungen klar erfüllt.
Das Urteil zeigt: Der Abmahnungsbeschluss im Wohnungseigentumsrecht bleibt ein zweischneidiges Schwert. Er ist anfechtbar, kann aber schnell an Wirksamkeit verlieren, wenn die Gemeinschaft nicht präzise formuliert. Für Eigentümer bedeutet dies mehr Rechtsschutz, für Verwalter und Gemeinschaften mehr Sorgfaltspflichten.
(BGH-Urteil v. 4.7.2025, Az. V ZR 77/24)